3.5.15 / Playoff / Stade de Pays / 14 500 Zuschauer
Die Playoff-Runde der Belgischen Liga lockte uns mal wieder
in das Land der Pommes, Waffeln und leckeren Biere. Charleroi soll ja eine
besonders siffige und hässliche Stadt sein, also genau unser Ding…Um auch mal
ein paar Biere trinken zu können gab es sogar eine Übernachtung.
Gegen Nachmittag erreichten wir die Stadt, welche aus
mehreren Großbaustellen bestand und südlich von Brüssel liegt, bei leichtem Nieselregen.
Abartig hässlich. Die ranzige Absteige am Stadtrand passte jedenfalls genau ins
Bild. Das Zimmer war nachlässig geputzt, die Tür kaputt und im Treppenhaus roch
es sehr muffig. An verschiedenen Ecken wurden grobe Baumängel sichtbar und der
angepriesene Ausblick auf die Stadt entpuppte sich als wahre Augenweide (siehe
Bild).
Uns zog es schnell wieder vor die Tür, denn der Anpfiff des rückte näher. Das was wir unterwegs zu sehen
bekamen war schrecklich schön: Dampfende Schornsteine, irgendwelcher Industrieanlagen
hinter dem Cityring, abgewrackte Häuserzeilen mit teils eingeschlagenen
Fenstern, viel Multikulti, verdreckte Bürgersteige, Lungervolk und unzählige
zwielichtige Kneipen. Der graue Himmel ließ die gesamte Kulisse richtig cool
aussehen. In einem indischen Gemischtwarenladen gab es erst mal eine Kanne Jupiler
um das Ganze auch noch geschmacklich abzurunden.
Alsbald erreichten wir am großen Gerichtsgebäude die erste
Straßensperre der Polizei. Als ich ein paar Fotos von einem Wasserwerfer
machte, kam gleich eine größere Gruppe uniformierter, ein paar davon in
Kampfmontur auf uns zu. Wir waren umstellt. Zunächst wurde gefragt, warum wir
die Polizei fotografieren würden? Dann mussten wir die Ausweise zücken und
schon kamen wir in den zweifelhaften Genuss einer gründlichen Sonderbehandlung
inklusive Ganzkörperkontrolle. Wie Schwerverbrecher standen wir an der Wand,
während gaffende Passanten an uns vorbeizogen. Da half auch das Gerede von
wegen „Just Tourists“ nichts. Mittlerweile wurden unsere Personalien gescheckt
und da dämmerte mir, dass ich das Spiel vermutlich nicht mehr sehen würde. Mein
ZIS-Eintrag wurde erwartungsgemäß durchgegeben und anschließend meine Geldbörse
durchwühlt und sich köstlich über mein Passbild und meine zwei Kameras
amüsiert. Ein Beamter in zivil sollte schließlich über das weitere Vorgehen
entscheiden. Der winkte ab und wir durften gehen. Zuvor wurden wir noch
gefragt, ob wir Anhänger von Preußen Münster wären (deren Ultras haben eine
Freundschaft zu den Storm Ultras von Charleroi).
Etwas erstaunt gingen wir weiter und kamen noch an
zahlreichen, mit Stacheldraht-Gestellen versperrten, Straßen vorbei. Vor dem
Stadion war ein weiterer Wasserwerfer in Stellung gebracht. Es handelte sich
also offensichtlich um ein Hochrisikospiel. Auf den kleinen Schreck gönnten wir
uns erst mal noch ein großes Bier vorm Eingang und wurden noch Zeuge, wie der
heimische Ultrahaufen zum Stadion marschierte. Das ganze untermalt von etlichen
Böllern und ein paar halbherzigen Gesängen. Besonders groß war der Mob auch
nicht. Trotzdem konnte man die Bedeutung des Spiels deutlich spüren auch das
Stadion meldete ausverkauft! Für die Europameisterschaft wurde das Stade de
Pays komplett umgebaut und die Tribünen um eine Etage erweitert. Mittlerweile
ist die gesamte Aufstockung aber zurückgebaut worden. Trotzdem macht das Ganze
einen guten Eindruck.
Der Gästeblock hinterm Tor war gut besetzt. In der Mitte
positionierte sich der Ultra- Haufen hinter ein paar Fahnen und lieferte einen ordentlichen
und leidenschaftlichen Support mit einer Prise Rauch zum Start und den
obligatorischen Knallkörpern . Die vollbesetzte Heimtribüne gegenüber zeigte zu
Beginn eine große weiße Blockfahne mit einer sehr schlichten Grafik und einem
Spruchband auf ganzer Länge. Dafür gibt es weder einen Kreativpreis, noch sonst
irgendwas. Meiner Meinung macht man zu so einem Spiel was vernünftiges, oder
lässt es einfach bleiben. Stimmung war zu Beginn noch ganz gut, im Verlauf war
über weite Strecken aber nicht mehr viel los und nur noch der Gästeblock zu
hören.
Mitten unter den Gästefans hatten sich deutlich sichtbar ein
paar Bullen gemischt, welche das Getue und Gemache kritisch beäugten. Nach dem
nicht unverdienten Treffer für Anderlecht war der Ofen so ziemlich aus. Wir
hatten trotzdem unseren Spaß, was nicht zuletzt am Vollbier gelegen haben mag.
Ein bisschen mehr Aktion auf den Rängen hätte aber ruhig
sein dürfen. Draußen blieb alles ruhig. Die Busse der Anhänger von Anderlecht
wurden rigoros abgeriegelt. Reiterstaffeln und Wasserwerfer waren im Einsatz.
Auf der Straße vorm Gästeblock waren zudem unzählige mobile Zäune und Gitter
aufgebaut.
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