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Samstag, 4. Juni 2016

Brescia Calcio - FC Bari

Brescia Calcio - FC Bari 2:3
14.5.16 / Serie B 41.Spieltag / Stadio Mario Rigamonti / 8176 Zuschauer 


Letztes Heimspiel der Saison im heruntergekommenen Stadio Mario Rigamonti und für Brescia ging es noch um die Playoff-Plätze. Ein Aufstieg in die Serie A war noch möglich. Immerhin schafften es knapp über 8000 Zuschauer in dieses in die Jahre gekommene Stadion am östlichen Stadtrand. Für grade mal 15 Euro gab es ein Ticket für die Tribuna laterale direkt am hübsch bemalten Ticketschalter. Ist ja leider auch nicht selbstverständlich. Die Bude ist absolutes Flickwerk. Immer wieder wurde daran herumgeschraubt. Letzter "Ausbau" ist eine Stahlrohrtribüne direkt am Spielfeldrand vor den Resten der Curva Nord. Der Unterrang der Haupttribüne und gut die Hälfte der Curva Sud bleiben gesperrt. Dieser Spielort ist sicherlich keine Schönheit, hat aber immer noch diesen unverwechselbaren italienischen Charme und eine wirklich einmalige Form. Die Drehkreuze funktionierten, dafür waren die sanitären Anlage in einem grässlichen Zustand. Wasser lief die Wand herunter und Wasserhähne waren ebenso defekt, wie die Türen zu den verschmierten Löchern im Boden. Aber wen kümmert`s? Das ist nun mal Fußball in Italien. Ordner untersuchten einzelne Zuschauer mit einem Metalldetektor, ich wurde lediglich gefragt, ob ich ein Feuerzeug dabei habe...
Erstaunlicherweise waren auf der Tribüne dann alle sehr bedacht ihre, auf dem Ticket ausgewiesenen Sitzplätze einzunehmen. Kenne ich sonst eigentlich auch anders. Jeder sitzt halt da wo er will.
In Brescia an diesem Tag jedenfalls nicht.
Im Gästeblock sammelten sich so knapp 400 Tifosi vom FC Bari. Angereist mit drei Bussen, PKWs und Neunern. Das lässt den Schluss zu, dass über die Hälfte die 860 Kilometer Anreise aus Apulien auf sich genommen haben. Die Seguaci- Fahne fand den Platz zentral vor dem Ultrahaufen, welcher sich ganz unten in der Mitte des Blocks positionierte. Alle Gäste schafften es pünktlich zum Anpfiff rein, ist ja auch eher selten auf dem Stiefel. Zahlreiche Fahnen kamen durchweg zum Einsatz und zu Beginn wirkte der Gästeanhang noch sehr geschlossen und wurde durch ein Megaphon und vier Vorsänger recht gut koordiniert. Die Akustik lässt leider sehr zu wünschen übrig und so konnte ich die wunderbar melodischen Lieder auf der Tribüne nur in Zimmerlautstärke vernehmen. Auch fehlten mir die genialen Trommelrhythmen und eine Prise Pyrotechnik. 
Auf Heimseite konnte die Curva Nord auf der Stahlrohrkonstruktion nur wenig begeistern. Viele junge Leute, keine schöne Optik und insgesamt wenig geschlossen. Lediglich ein paar Klatscheinlagen und bekannte Kurvenhits erreichten eine annehmbare Lautstärke. Die Liederauswahl brachte dann auch nichts neues, sondern ein Mix älterer Klassiker. 
Etwas mehr Leben gab es auf der Distinti. Dort sind die Ultras 1911 zugange. Dabei handelt es sich um eine Abspaltung der Curva Nord. Diese Gruppen lehnen die Tessera nach wie vor ab. Etwa 100 Leute beteiligten sich hier hinter vielen kleinen schönen handgemalten Zaunfahnen am Tifo und man sah ihnen den Spaß wirklich an. Alles wirkte authentisch und zwanglos, aber gehört habe ich auf der anderen Seite so gut wie nichts von denen. Zur zweiten Halbzeit gab es eine kleine Choreo mit vielen Fähnchen und blauem und weißem Rauch. 
Die Curva Nord pflegt freundschaftliche Kontakte nach Salerno, die wiederum mit Bari eng befreundet sind. Heute jedoch vernahm man mehrfach Beschimpfungen wie "Afrikani", "Zingaro" sowie vereinzelt Affenlaute vom Publikum. 
Das Spiel endete nach einem verwandelten Strafstoß der Gäste in der 90.Minute 2:3. Bari sicherte sich einen Platz bei den Playoffs. 







































Sonntag, 8. Mai 2016

FC Bari - Modena FC

FC Bari - Modena FC 1:1 
23.4.16 / Serie B 38.Spieltag / San Nicola / 20 295 Zuschauer


Vormittgas bestiegen wir den angenehm leeren Regionalzug in Brindisi. Nach eineinhalb stündiger Fahrt empfing uns Bari mit leichtem Regen und dem unvermeidlichen Gewusel auf der Piazza Aldo Moro. Ganz entgegen der üblichen Gewohnheit kauften wir uns am Schalter der öffentlichen Verkehrsbetriebe Tickets für den Bus zum Stadion. Dies war die richtige Entscheidung. Der klapprige Bus, welcher wenig später um die Ecke bog, hatte zusätzlich zum Fahrer noch drei Kontrolleure an Bord. Diese positionierten sich an der Vordertür und kontrollierten jeden Menschen, der mit der Linie 20 fahren wollte. Da half auch alles diskutieren und betteln nichts. Die Polizei war auch mit einem Mannschaftswagen vertreten und machte sich hinter verspiegelten Sonnenbrillen über die Tifosi lustig, welche zurück zum Ticketschalter geschickt wurden. Fahrscheine kann man im Bus grundsätzlich nicht kaufen.

Das Gefährt füllte sich zusehends und irgendwann war dann endlich Abfahrt. Auf der Kreuzung wurde nochmal angehalten, um einen knapp 50jährigen Ultra zusteigen zu lassen. Begleitet wurde die unterhaltsame Fahrt von zwei Polizeifahrzeugen. Nach der sechsten Haltestelle stiegen die Herren Kontrolleure aus und von nun an wurden weitere Zusteigende auch nicht mehr kontrolliert. Trotzt dichtem Gedränge herrschte eine fröhliche und unbeschwerte Stimmung. Zwischendurch wurde auch mal ein Kurvenhit angestimmt. Das Stadion des heiligen Sankt Nikolaus liegt weit außerhalb südwestlich vom Zentrum und ist nur mit der Buslinie 20 zu erreichen. Nach einer knappen halben Stunde wurde der Busfahrer zum Halten auf einer Art Autobahnzubringer genötigt. Nun stiegen alle Fahrgäste mitten in der Pampa aus und überquerten die Schnellstraße. Auf der gegenüberliegenden Seite saßen ein paar farbige Prostituierte auf abgewetzten Plastikstühlen und warteten auf vorbeifahrende Freier.  





Ein paar Meter weiter kam das Stadion in Sicht, welches einem gestrandeten Ufo nicht unähnlich sieht. Außer ein paar Wohnblocks im Plattenstil in Sichtweite befindet sich rein gar nichts im näheren Umkreis. Auf einem riesigen Parkplatz gab es eine Handvoll Essens- und Getränkestände. Die Ticketbuden schließen allesamt drei Stunden vor dem Anpfiff, wer also ohne Biglietti hier raus fährt hat Pech gehabt und kann den langen Weg zurück in die Stadt antreten. Irgendwo am Hauptbahnhof gibt es einen sogenannten Bari Point an welchem es Tickets zu kaufen gibt. Dieser hat manchmal auch bis zum Anpfiff geöffnet.
Den Sinn dahinter versuche ich mittlerweile gar nicht mehr zu verstehen. Da diese Problematik in Bari im Vorfeld schon bekannt war buchte ich die Tickets im Internet. Nach einer wirklich schrecklichen Pommes und zwei kalten Peroni ging es endlich rein in die geniale Schüssel. Das Stadio San Nicola ist nach dem Schutzpatron Baris benannt und für die Fußballweltmeisterschaft 1990 erbaut worden. Es fasst knapp über 58 000 Zuschauer. Der obere Rang besteht aus 26 voneinander getrennten Teilen. Insgesamt ist diese einzigartige Spielstätte in keinem besonders guten Zustand. Teile der aufwendigen Dachkonstruktion sind durch ein Unwetter stark beschädigt worden. Eigentümer ist die Stadt und die kann die veranschlagten 100 Millionen Euro für die nötige Renovierung einfach nicht locker machen. Die Leichtathletikanlage wurde seit Eröffnung übrigens nur ein einziges Mal genutzt…





Bevor hier eines der letzten Heimspiele der Saison angepfiffen wurde gedachten Fans und Spieler dem kurz zuvor von einem Regionalzug tödlich verletzten Tifoso der Banda Bassotti Bari, welcher nur 28 Jahre alt wurde. Dazu versammelten sich im unteren Teil der Kurve etwa 200 Bekannte, Freunde und Verwandte und nahmen mit herzförmigen Luftballons in weiß und rot Abschied von „Wolf“ wie der verstorbene von allen genannt wurde. Die Familie stand dazu vor einem Banner im Innenraum. Passend gab es dazu noch ein mehrteiliges Spruchband von den Seguaci della Nord. Einige in der Curva Nord trugen weiße T-Shirts mit einem aufgedruckten Foto von „Wolf“.
Unten auf der Laufbahn liegt seit einiger Zeit ein riesiges Banner mit einer Botschaft an die Kurve ausgebreitet: „Erhebt eure Stimme – gemeinsam für das Wohl der Curva Nord und Bari!“. Das lange Teil ist passend zum Verlauf der Laufbahn gekrümmt und im Prinzip nur von der Kurve aus zu lesen.

Die Seguaci della Nord (Anhänger der Nordkurve) waren ursprünglich ein Zusammenschluss bzw. eine Art Dachverband für die Ultras. Im Sommer 2014 hing zum ersten Mal ihre große Zaunfahne. Mittlerweile bezeichnen sich die Seguaci aber als Gruppe mit eigener Richtung und Mentalität. Die Tessera del Tifoso wird akzeptiert um Auswärtsspiele besuchen zu können. Momentan stellt diese Gruppe unübersehbar das Herz der Kurve. Mit Vorsängern und Trommlern sowie einem fortwährenden Fahnenmeer wird der Ton angegeben. Daneben gibt es aber noch zahlreiche Gruppen in der Curva Nord, z.B. Bulldog Bari (seit 1991), welche ebenfalls mit einer großen Zaunfahne präsent sind. Viele kleinere Gruppen zeigen sich mit Schwenkfahnen. Während bei diesem Spiel um die Playoff Plätze der Serie B der Unterrang der Nordkurve so gut wie leer blieb füllte sich der Oberrang ganz ordentlich. Die 20 000 Zuschauer ließen das riesige Stadion ansonsten ziemlich verwaist wirken. 




Die Freundschaft zu den Ultras der Salernitana wurde mittels einer kleinen Fahne der „Cilento-Ultras“ sichtbar. Außerdem hing natürlich noch die obligatorische Fahne für die Stadionverbotler.
Der überdimensionierte Gästeblock war mit grob geschätzt 100 Tifosi aus dem über 700 Kilometer entfernten Modena besetzt. Ein paar kleinere Fahnen schafften es an die Balustrade.  

Ein besonders schöner Moment ereignete sich während der grandiosen Vereinshymne als die Kurve in ein Meer aus Fahnen und Schals verwandelt wurde. Vereinzelt wurde dazu roter Rauch und Bengalos gezündet. Alle sangen die Hymne voller Inbrunst und Überzeugung mit. „Bari grande amore- Bari unica e sola- Bari nel nostro cuore- Non ti lasceremo…da sola…Facci sognare ancora – Facci gridare ancora…Bari nel nostro cuore…Non ti lasceremo da sola…mai!“ Erinnerte mich etwas an das legendäre „Roma Roma Roma“ bei AS im Olimpico. Das war schon was Großes. Auch der folgende Support konnte sich hören lassen. Fantastische Melodien und unterlegt von grandiose Trommelrhythmen. Immer wieder wurde eine beachtliche Lautstärke erreicht, auch wenn die akustischen Voraussetzungen nicht die besten sind. Eine zweistellige Zahl von Vorsängern, ein paar davon mit Megaphon schafften es die Kurve mitzureißen. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle die Klatscheinlagen, welche immer wieder eingebaut wurden. Die vier Trommler konnten auch richtig was und performten noch lange nach Abpfiff weiter. 


















Ein Blick in die ersten Reihen offenbarte das Potenzial der Ultraszene. Hier waren wirklich viele ältere Semester zugange. Besonders ein etwa 65jähriger im Feinrippunterhemd viel mir dabei ins Auge, der sich ganz vorne voll mit einbrachte. Über die gesamte Spielzeit wurden massig Schwenkfahnen eingesetzt. In der zweiten Halbzeit gab es noch ein relativ neues Lied auf die Ohren, welches zwar auch auf dem Stiefel mittlerweile von einigen Szenen gesungen wird, aber hier seine volle Wirkung entfalten konnte und noch lange im Ohr blieb. (Videoausschnitt Cori Curva Nord) Dabei wurde eine wirklich utopische Lautstärke erreicht. Auch nach dem heftig umjubelten Ausgleichstreffer sieben Minuten vor Schluss wurde eine dieser absolut hinreißenden Melodien herausgeschmettert. Und das mit einer Leichtigkeit und Hingabe, welche hierzulande einfach nicht zustande kommen will.

Der FC Bari konnte sich am Ende leider nicht gegen Modena durchsetzen und ließ zwei wichtige Punkte im Kampf um die Playoffplätze zum Aufstieg in die Serie A liegen. 






















Für uns ging es dennoch vollends zufrieden raus aus der Schüssel. Bevor wir uns an die Bushaltestelle hockten gönnten wir uns noch ein eiskaltes Peroni. Auf die Linie 20 mussten wir dann eine gefühlte Ewigkeit zusammen mit einem gemischten Publikum warten. Mit rund vierzigminütiger Verspätung trudelte das Gefährt endlich ein und etwa 70 Personen stopften sich mit ausgefahrenen Ellenbogen hinein. Die Rückfahrt in die Stadt verlief dann doch merklich ausgelassener als die Hinfahrt. Es wurde gesungen, getrunken, gekifft und gegen die Deckenverkleidung geschlagen. Gegen 18:30 Uhr erreichten wir dann Bari Centrale und rafften uns nach einem kurzen Check der Zugfahrpläne nochmal auf zum Hafen und in die wunderschöne Altstadt. Auch ein heftiger Wolkenbruch konnte unsere gute Laune nicht mindern.
Bari- wir sehen uns wieder!

Video!